Republik Harz


Die Grenzen Sachsen-Anhalts sind artifizielle, politische Festlegungen jüngeren Datums. Einige Teilregionen an den Rändern Sachsen-Anhalts sind durch die neuen Grenzziehungen von ihrem historischen Hinterland abgeschnitten worden. Eine mögliche, positive Zukunft der Stadt- und Siedlungsstrukturen könnte in einer Neufestlegung dieser Trennlinien liegen. Durch eine intensive regionale Vernetzung würde eine Föderation aus urbanen „Cluster-Cities“ und „Ruralen Republiken“ entstehen. Die „Ruralen Republiken“ formen durch regionale Wertschöpfungsketten neue, spezifische und grenzüberschreitende Raummodelle. Die Ländergrenzen würden verschwinden. Großes Potenzial hätte zum Beispiel die Region rings um den Harz. Der zentrale Landschaftsraum würde der gesamten Region auf niedersächsischer und thüringischer Seite eine neue Identität geben: „Republic of Harz“. Insgesamt leben hier rund 800.000 Einwohner, es wäre einer der einwohnerstärksten Räume Mitteldeutschlands.


Rückblick von 2030

Gegen Ende 2010 kam es zu ersten informellen Treffen von Bürgermeistern der 22 größten Gemeinden des Harz Umfeldes, mit dem Ziel einen gemeinsamen Wirtschafts- und Verwaltungsraum zu diskutieren. Auf der Grundlage eines Strategiepapiers in dem eine konsequente arbeitsteilige Raumnutzung gegliedert nach Erholung-Gesundheit-Kultur festgelegt wurde, beantragten die Bürgermeister 2011 die Gründung der Republic of Harz (RoH) bei den Ländern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen.
2012 wurde die RoH offiziell als erste Rurale Republik Mitteldeutschlands anerkannt. Auf Grund ihrer 800.000 großen Einwohnerzahl wurden der RoH 20% der jährlichen Haushaltsmittel des Landes Sachsen-Anhalt und je 5% der Haushaltsmittel der Länder Thüringen und Niedersachsen zu ihrer Selbstverwaltung zugebilligt. Festgelegt wurde, dass die Hauptstadt der Republik im 2-Jahres-Rhythmus wechseln sollte. Es werden bis heute Biennalen veranstaltet, die den Fortschritt und die kritische Reflexion der RoH zum Thema haben.
In den ersten Jahren wurden die meisten Ressourcen in den Ausbau der Ringbahn und der Ringstraße gelenkt. Die Bahn zirkuliert heute im 10-Minuten-Takt. Jeder Ort ist in max. 60 Minuten erreichbar. Die Ringstraße spielt heute eine untergeordnete Rolle, da der Verkehr von außen ab 2025 drastisch unterbunden wurde und viele Einwohner komplett auf den öffentlichen Nahverkehr umgestiegen sind.
Der Burgensaum mit der Weltkulturerbestätte Quedlinburg hatte zu Beginn ebenfalls oberste Priorität, um neben den natürlichen Ressourcen die kulturellen Leuchttürme der RoH international bekannt zu machen. Parallel wurde der sogenannte „Klinik-Kreis“ ins Leben gerufen. Die Chefärzte der ursprünglich 23 Kliniken treffen sich bis heute monatlich. Die Expansion der heute über 50 Kliniken fußt auf einem ausgeklügelten Spezialisierungs- und Marketingkonzept. Die RoH verfügt heute über eines der dichtesten und spezifiziertesten Klinikangebote in ganz Deutschland.
Als weitere Initiative wurde ab 2015 die Vernetzung aller Bildungseinrichtungen vorangetrieben und Synergien mit ansässigen Produktionsstätten gesucht. Aufbauend auf den lokalen Wasserkraftanlagen und den Forschungsergebnissen der Universität in Clausthal-Zellenfeld wurden neue Technologien und Produktreihen zu den Themen Natur und regenerative Energien entwickelt, die heute vorwiegend in der Ebene des Südwest Harzes in kleinen Manufakturen produziert und exportiert werden. Aus dieser Initiative ging auch die Suche nach Potential-Standorten für Windenergie hervor. Nachdem zunächst die lokalen Ressourcen für Wasserkraft weiter ausgebaut wurden kam es ab 2020 zu einem verstärkten
Einsatz von Windkraft im südlichen Niederharz und im Mansfelder Land. Die damals neuste Generation von 250m hohen Krafträdern wurde sensibel nach präzisen Gestaltungsprinzipien in die Landschaft eingepasst und gilt heute als Landschaftsdenkmal des frühen Post-Oil-Zeitalters. Die RoH ist heute komplett Energie autark und zudem einer der größten Produzenten für regenerative Energien in Ostdeutschland. Über die Exportgewinne können Produkte und Dienstleistungen importiert werden, die auf dem Territorium nicht vorhanden sind bzw. bewusst nicht angesiedelt werden. (z.B. Chemische Industrie). Die Entscheidung, den Niederharz komplett von Bebauung freizuhalten und stattdessen ein befahrbares Reservat für Wildtiere anzulegen hat sich als richtig herausgestellt. Mittlerweile ist der CO-2 Handel sprunghaft angestiegen in die RoH profitiert von ihrem großen Anteil an Natur und nicht versiegelter Fläche.
Trotz großer Anstrengungen den CO-2 Ausstoß zu reduzieren ist die Temperatur in Europa
Im Laufe der Jahre bis zu 2° angestiegen. In den südlichen Harzausläufern wird seit 2030 Wein angebaut. Da die Sommer in Mittelitalien heute zu heiß und zu trocken sind, kommen immer mehr Urlauber in die „Toskana des Nordens“. Nordhausen hat sich zu einem kulinarischen Zentrum entwickelt und viele Besucher sind Dauergäste, sie besitzen kleine Ferienhäuser in den Weinbergen. Aus Marketing und Imagegründen wurden die Industrieansiedlungen im Nordwest Harz in der Öffentlichkeit nie groß erwähnt. In den Betrieben des Werkzeug- und Maschinenbaus und der Lebensmittelverarbeitung sind aber nach wie vor etwa 10% der Einwohner der RoH tätig.
Nach anfänglichen Bevölkerungsrückgängen konnte die RoH um 2020 ihre alte Einwohnerzahl von 800.000 durch Migrationsgewinne aus dem umliegenden ländlichen Raum wieder erreichen. Insbesondere der wachsende Arbeitsmarkt und der hohe Besatz an Gymnasien und weiterbildenden Schulen haben viele junge Familien dazu bewogen in die RoH zu übersiedeln. Auf Grund der guten Lebens- und Umweltbedingungen stieg auch die Geburtenziffer wieder und die RoH erreichte 2030 die Marke von 900.000 EW, die bis heute stabil geblieben ist. Die RoH gehört heute zu den Regionen mit dem geringsten Durchschnittsalter in Mitteldeutschland.