Hintergrund

Sachsen-Anhalt ist zur Zeit das am Schnellsten schrumpfende Bundesland. Die seit der Wiedervereinigung stark rückläufige Einwohnerzahl könnte sich laut langfristigen Prognosen bis 2050 noch einmal um ein Drittel verringern und stellt damit grundsätzliche Fragen an die zukünftige Organisation und Finanzierung der Daseinsvorsorge, insbesondere in den ländlichen Gebieten.

Bevölkerungsentwicklung Sachsen-Anhalts bis 2025

Konzept zur IBA Stadtumbau
Das Konzept zum Aufbau von Ruralen Republiken im ländlichen Raum Sachsen-Anhalts basiert auf einer Untersuchung der städtischen Siedlungsstruktur für die Abschlussaustellung "Weniger ist mehr" der IBA Stadtumbau 2010. Wie können tragfähige Konzepte für künftige Siedlungsstrukturen und die sie umgebenden Landschaften in Sachsen-Anhalt aussehen? Wo liegen die größten Potenziale einer positiven Entwicklung? - Eine Antwort der Studie bezieht sich auf die Ränder des Bundeslandes und deren Kulturlandschaften: Die Grenzen Sachsen-Anhalts sind artifizielle, politische Festlegungen jüngeren Datums. Einige Teilregionen an den Rändern Sachsen-Anhalts sind durch die neuen Grenzziehungen von ihrem historischen Hinterland abgeschnitten worden. Eine mögliche, positive Zukunft der Stadt- und Siedlungsstrukturen könnte in einer Neufestlegung dieser Trennlinien und in der Ausrichtung an den historischen Kulturlandschaften liegen. Durch eine intensive regionale Vernetzung könnten dort „Rurale Republiken“ als neue, effiziente Gebietskörperschaften entstehen.

Potentialraum / Kulturlandschaften an den Rändern

Die „Ruralen Republiken“ formen durch regionale Wertschöpfungsketten neue, spezifische und grenzüberschreitende Raummodelle. Die Ländergrenzen würden verschwinden. Großes Potenzial hätte zum Beispiel die Region rings um den Harz. Der zentrale Landschaftsraum würde der gesamten Region auf niedersächsischer und thüringischer Seite eine neue Identität geben: „Republic of Harz“. Insgesamt leben hier rund 600.000 Einwohner, es wäre einer der einwohnerstärksten Räume Mitteldeutschlands.

Stand der Untersuchung

Der Vorschlag für die Republik Harz besteht im Grundsatz in einem Stabilisierungsmodell für den ländlichen Raum, mit dem Potential von demographischem und ökonomischem Wachstum.

Von der Bevölkerungszahl entspricht der Raum den größten Stadtagglomorationen Mitteldeutsch-lands. In seiner Vernetzung könnte dieser ländliche Raum effizienter organisiert und vergleichbare Aufgaben der Daseinsvorsorge übernehmen wie die Großstädte, nur eben im ländlichen Raum. Neben der prägenden Kulturlandschaft weist der Harz tatsächlich eine Vielzahl an endogenen Wirtschaftspotentialen und Potentialen der Vernetzung auf. So könnte die prägende Infrastruktur mit wenigen Eingriffen in einen durchgängig umlaufenden Straßen- und Bahnringverkehr umgewandelt werden, dass an gezielten Knotenpunkten mit anderen Mittel- und Oberzentren verbunden ist.

Potentiale Harz: Ringsystem + wirtschaftliches Potential + Klinken + Bildung


Das Naturpotential der Republik Harz paart sich heute schon mit Ressourcennutzung für regenerative Energiegewinnung, welche im Bezug auf Windenergie und Biomasse weiter ausgebaut werden könnten. Eine Mischung der Ressourcen für Tourismus auf der einen Seite (Stauseen) und industrieller Nutzung auf der Anderen ist schon Status Quo. Der Kulturraum Harz spielt heute schon eine große Rolle, sowohl in der Bewahrung des Erbes (vgl. UNESCO Welterbestätte "Oberharzer Wasserwirtschaft"), als auch im Zusammenspiel von Tradition und moderner Technologie (Solaranlagen vs. Denkmalschutz). Die Tourismus, Bildungs- und Industrieeinrichtungen der Republic of Harz könnten in Zukunft ihre Synergien weiter ausbauen. Hierbei ist die Nähe zur Landwirtschaft im Norden des Harzes (Börde) und die Nutzung des Landschaftsraumes Mansfelder Land als Windenergieregion von besonderer Bedeutung.

Ein drittes Beschäftigungsfeld im Harz umfasst Gesundheitsindustrie und Rehabilitationszentren. Vorhandene Spezialisierungen können vertieft und ein gemeinsames "Vermarktungssystem" ausgearbeitet werden. Die bestehenden Einrichtungen können sich stärker vernetzen und damit ein breiteres Spektrum an Gesundheitsdienstleistungen abdecken.

Wichtig ist es, in allen inhaltlichen Themenschwerpunkten sowohl institutionelle als auch privat engagierte Strukturen und Netzwerke in die Entwicklung einzubeziehen.

Potential Harz: Ringsystem + Natur- und Landschaftsräume + Energiegewinnung + Weinbau